PMS und PMCF mit Anwenderbefragungen: 5 Schritte zu klinisch relevanten Post-Market-Daten

18.08.2025
Textbild "PMS und PMCF: Anwenderbefragungen in 5 einfachen Schritten" von Metecon GmbH
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Anwenderbefragungen (engl. User Surveys) sind für viele Medizinprodukte ein schneller Weg, um belastbare Markt- und Nutzungsdaten zu gewinnen und Lücken zwischen technischer Dokumentation und realer Anwendung zu schließen. Unter der Medical Device Regulation (MDR) sind sie Bestandteil der Post-Market Surveillance (PMS) und – je nach Design – auch als Post-Market Clinical Follow-up (PMCF) einsetzbar. Der Beitrag zeigt, wann Befragungen geeignet sind, welches Evidenzniveau (u. a. gemäß MDCG 2020-6) sinnvoll ist und wie Fragebogen, Zielpopulation, Pilottest und Auswertung aufzusetzen sind, damit benannte Stellen die Ergebnisse nachvollziehen können. Zudem wird eingeordnet, wie die Daten in die Klinische bzw. Leistungsbewertung einfließen.

1. PMS und PMCF nach MDR: Wann ist eine Anwenderbefragung geeignet?

Die Medizinprodukteverordnung (Medical Device Regulation (EU) 2017/745 (MDR)) erhöht die Messlatte für PMS/PMCF spürbar. Viele Hersteller fragen sich: Reicht eine Anwenderbefragung? Welcher Typ liefert akzeptable Evidenz? Wie groß muss die Stichprobe sein – und wie belege ich diese mittels Statistik? Aus praktischer Sicht hängt die Eignung einer Anwenderbefragung vom Produkt (Art und Vermarktungssituation), vom Anwender und von der Zielstellung der Erhebung ab.

Eine klare Ziel- bzw. Fragestellung ist die Grundvoraussetzung für das Design der Anwenderbefragung. Diese sollte gleichzeitig im Zusammenhang zu den PMCF-Zielen stehen, wie sie in der MDR, Annex XIV, Part B, Punkt 6.1 aufgeführt sind. Ebenso können durch Anwenderbefragungen Ziele der PMS adressiert werden, da sie wertvolle Erkenntnisse zur Sicherheit und Leistung des Produktes am Markt liefern.

Manchmal wird aus den Zielstellungen auch ersichtlich, dass die Fragestellung eher im Rahmen von PMS anstelle von PMCF betrachtet werden sollte, z. B. wenn der Hersteller Verbesserungsmöglichkeiten mittels Rückmeldungen von Anwendern identifizieren möchte.

Außerdem sollte geprüft werden, ob die geplanten zu erhebenden Daten wirklich für eine Anwenderbefragung geeignet sind. Dabei kann es je nach Art der Befragung wichtig sein, dass die Antworten möglichst situativ oder spontan gegeben werden können – oder dass sie anhand einer strukturierten, methodisch fundierten Herangehensweise erhoben werden. Auch die Größe und Erreichbarkeit der Zielgruppe spielen eine entscheidende Rolle, um sicherzustellen, dass repräsentative und belastbare Daten erhoben werden. Eine klare Strategie zur Teilnehmerrekrutierung ist sinnvoll sowie eine Abschätzung der Bereitschaft zur Teilnahme, um die geplante Stichprobengröße realistisch festzulegen.

2. Vorgehen und Design: Welcher Befragungstyp ist geeignet?

Vor der Erstellung eines Fragebogens muss die Zielpopulation sowie die Hauptfragestellung definiert werden (siehe oben). Nachdem diese Voraussetzungen erfüllt sind, kann der passende Typ einer der Anwenderbefragung festgelegt werden. Die MDCG 2020-06 Leitlinie listet im Appendix III verschiedene Typen von klinischen Daten hierarchisch auf. Dabei werden auch Anwenderbefragungen als Nachweis für klinische Evidenz mit aufgeführt:
  • PMS-Befragungen: Diese Art der Befragung dient dazu, allgemeine Rückmeldung aus dem Markt von Anwendern zu sammeln, beispielsweise zur Handhabung und Nutzungshäufigkeit des Produkts. Da PMS-Befragungen nicht explizit in der MDCG 2020-06 aufgeführt sind, liefern sie keine klinische Evidenz im Sinne der Leitlinie, können aber wertvolle Marktdaten liefern und sind damit ein Bestandteil der PMS-Aktivitäten.
  • PMCF Befragungen Rank 8 (MDCG 2020-06): PMCF-Befragungen dieses Typs dienen dazu, allgemeine klinische Daten zu sammeln. Der Fokus liegt hier eher auf der Sammlung genereller klinischer Nutzererfahrungen und weniger auf detaillierten klinischen Endpunkten.
  • PMCF Befragungen Rank 4 (MDCG 2020-06): Dieser Befragungstyp ist besonders geeignet, wenn es darum geht, klinisch relevante Informationen zu spezifischen klinischen Endpunkten zu sammeln. Diese Befragungen mit dem höchsten Evidenzlevel von Anwenderbefragungen erfordern oft eine Zusammenarbeit mit Ethikkommissionen, klinischen Zentren oder auch Clinical Research Organisation (CROs), um klinische Best-Practice sicherzustellen.

Es wichtig, zwischen den verschiedenen Typen von Anwenderbefragungen zu unterscheiden, um ihre Bedeutung im regulatorischen Kontext richtig einzuordnen und zu entscheiden, welche Art von Befragung für die genannten Zwecke geeignet ist.

Weiterhin sollte die Art der Erhebung auch in den ersten Schritten definiert werden (z. B. per Post, digital, persönlich). Die Größe, die Erreichbarkeit bzw. Verfügbarkeit der Zielpopulation (bzw. deren erwartbare Bereitschaft) sind Faktoren, die die optimale Art der Datenerhebung beeinflussen. Die Art der Datenerhebung beeinflusst auch das Budget der Befragung, z. B. wenn Reisekosten eingeplant werden müssen, eine kostenpflichtige Software für die Befragung genutzt wird oder weitere Zusammenarbeiten wie mit CROs notwendig sind etc.

3. Fragebogen und Endpunkte: Wie identifiziert man relevante Fragen?

Wie identifizieren Sie als Hersteller relevante Fragen für die Zielstellung? Oft einfacher gesagt als getan: Die Antworten auf die Fragen sollten die zu erhebenden Daten in eindeutiger Art und Weise und natürlich vollständig liefern, so dass sie abschließend analysiert werden können. Dabei ist weniger oft mehr, d. h. jede gestellte Frage sollte einen Mehrwert für den Zweck der Befragung haben. Es ist außerdem wichtig, dass sowohl die Fragen als auch die Antwortmöglichkeiten an den Zweck bzw. die zu erhebenden Daten angepasst sind.

Befragungen und Fragebögen werden in diversen Bereichen und seit Jahrzehnten eingesetzt. Es gibt daher etablierte Best Practices für eine optimale Formulierung der Fragen und Darstellung der Antwortmöglichkeiten. Diese Best Practices gelten auch bei der Erstellung von Anwenderbefragungen für PMS/PMCF-Zwecke. Für Anwenderbefragungen wie den PMCF Befragungen Rank 4 ist weiterhin auch die Einhaltung von klinischen Best-Practices zu berücksichtigen.

Als zentral für eine letztlich erfolgreiche Anwenderbefragung ist dabei die Fähigkeit, sich bei der Formulierung der Fragen wirklich und konkret in die Perspektive der Befragten hineinversetzen zu können, um sowohl die Situation der Befragung als auch Inhalte und Sprache adäquat abbilden zu können.

Neben Kenntnissen dieser Best Practices erfordert die Formulierung der Fragen und Antwortmöglichkeiten deshalb immer ausreichende fachliche Kenntnisse im Bereich des betroffenen Medizinprodukts. Die Homogenität und das Bildungsniveau der Zielpopulation sollten dabei unbedingt mit betrachtet werden.

4. Pilottest/Usability-Check: Ist ein Vorversuch notwendig?

Bevor eine Anwenderbefragung durchgeführt wird, sollte es als Standard betrachtet werden, ihre Gebrauchstauglichkeit zu prüfen und die Befragung anhand einer kleinen Gruppe von Personen, die der Zielpopulation angehören, zu testen. Damit können Mängel im Fragebogen identifiziert werden wie z. B. fehlende Antwortkategorien oder missverständliche Fragen.

Der Vorversuch und eine optimierte Gebrauchstauglichkeit tragen zur Erstellung eines validen Fragebogens bei, was wiederum eine erhöhte Antwortquote und Auswertbarkeit unterstützt.

5. Evidenzlevel, Repräsentativität und Statistik: Wird die benannte Stelle die Ergebnisse akzeptieren?

Und nun? Werden Ihre Anwenderbefragung und deren Ergebnisse von Ihrer benannten Stelle akzeptiert? Pauschal kann diese Frage natürlich nicht beantwortet werden, da es (bisher) keine regulatorischen Vorgaben gibt; jedoch können wir verschiedene Anhaltspunkte aus diversen jüngeren Bewertungsvorgängen identifizieren:

In der Regel spielt die Verallgemeinerbarkeit der Ergebnisse auf die gesamte zu untersuchende Zielpopulation eine entscheidende Rolle. Handelt es sich z. B. um ein chirurgisches Instrument, für welches die Handhabung entscheidend ist und für das es keine Einschränkungen hinsichtlich der Anwender gibt, sollte die Gruppe der Befragten auf jeden Fall Kliniken aller Versorgungsstufen und ggf. Praxen miteinbeziehen.

Die Akzeptanz Ihrer Befragung hängt maßgeblich davon ab, ob sie dem gewählten Typ (PMS-Befragungen, PMCF-Befragungen Rank 8 oder PMCF-Befragungen Rank 4) methodisch und hinsichtlich der Zielsetzung gerecht wird. Während PMS-Befragungen oft breite Rückmeldungen von Anwendern zu allgemeinen Erfahrungen sammeln, müssen PMCF-Befragungen auf die Sammlung klinischer Daten ausgelegt werden.

Bei einer PMCF-Befragungen Rank 4 ist es wichtig, dass die Qualität der Daten sowie die wissenschaftliche Validität der Anwenderbefragung nachvollzogen werden kann. Dafür muss u. a. eine geplante und geeignete statistische Analyse der erhobenen Daten durchgeführt werden.

In fünf Schritten zu klinisch relevanten Post-Market-Daten?

Wie Sie sehen, sind Anwenderbefragungen kein Hexenwerk. Sie schließen Evidenzlücken effizient – vorausgesetzt, Zielsetzung, Population, Fragebogen und Statistik greifen sauber ineinander und das Evidenzniveau ist klar belegt. Wenn Sie dabei schrittweise und planvoll vorgehen, wird auch die Prüfung durch die benannte Stelle keine unüberwindbare Hürde sein.

Dennoch kann der frühzeitige Blick von außen durch einen regulatorischen Profi hilfreich sein. Unsere PMS und Clinical Affairs Teams nehmen sich gerne die Zeit, um Ihre Situation zu verstehen und gemeinsam das für Sie passende Design und Vorgehen einer Befragung zu besprechen. Wenn Sie möchten, prüfen wir Ihr bestehendes Design oder setzen mit Ihnen eine passgenaue PMS/PMCF-Befragung komplett auf – vom Plan über den Pilottest bis hin zum Bericht.

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Marie-Laure Castelain
Marie-Laure Castelain
Medical Device Expert
Clinical Affairs & PMCF
Claudia Möller
Claudia Möller
Regulatory Affairs
Post-Market Surveillance Expert
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