IVDR: Verschobener Geltungsbeginn der Bedingungen für In-house Produkte

19.07.2022
Textbild von IVDR: Verschobener Geltungsbeginn der Bedingungen für In-house Produkte - Metecon GmbH
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Die EU-Kommission hat Anfang des Jahres die Übergangsbestimmungen für die meisten IVDs entschärft und gleichzeitig den Geltungsbeginn einiger Bedingungen für In-house Produkte verschoben. Als Labor bzw. als Eigenhersteller sollten Sie jetzt trotzdem nicht die Hände in den Schoß legen.

Die auch als Laboratory Developed Tests (LTDs) oder hausinterne Produkte bekannten In-house In-vitro-Diagnostika (IVD) fallen in den Geltungsbereich der EU-Verordnung über In-Vitro Diagnostika (IVDR). Egal ob Sie Ihr In-house IVD schon Jahre in Betrieb haben oder ob Sie gerade ein neues Produkt entwickeln oder kürzlich entwickelt haben: Seit dem 26. Mai 2022 müssen alle In-house IVDs, die in Gesundheitseinrichtungen wie z. B. medizinischen Laboren der EU betrieben werden, die Anforderungen der IVDR, Artikel 5 (5) erfüllen. In-house IVD- Hersteller unterliegen damit erstmalig EU-weit grundlegend einheitlichen Anforderungen in allen Mitgliedsstaaten.

Noch vor Inkrafttreten der IVDR am 26. Mai 2022 hat die EU-Kommission dieses Jahr bereits die „Verordnung (EU) 2022/112 […] zur Änderung der Verordnung (EU) 2017/746 hinsichtlich der Übergangsbestimmungen für bestimmte In-vitro-Diagnostika und des späteren Geltungsbeginns der Bedingungen für hausinterne Produkte“ erlassen, und diese beinhaltet eine zeitliche Verschiebung einiger Anforderungen an In-house IVDs. Welche dies sind und welche Anforderungen Sie bereits jetzt erfüllen müssen, zeigen wir Ihnen im Folgenden.

Anforderungen, die Sie seit 26. Mai 2022 erfüllen müssen:

  • Erfüllung des Anhang I der IVDR (Grundlegende Sicherheits- und Leistungsanforderungen);
  • Produkte dürfen nicht an andere rechtliche Einrichtungen abgegeben werden;
  • Produkte dürfen nicht im industriellen Maßstab hergestellt werden.
Die Erfüllung des Anhang I ist zwar keine neue Anforderung für Eigenhersteller in Deutschland, denn dies war auch schon vor der IVDR durch das deutsche MPG gefordert. Allerdings ist dies eine der aufwändigsten Anforderungen an die Hersteller von In-house IVDs: Um die Anforderungen des Anhang I zu erfüllen, ist die Erstellung einer Technischen Dokumentation, ähnlich derer für CE-markierte IVDs, notwendig. Wir empfehlen Ihnen für die technische Dokumentation Ihrer In-house IVDs die gleichen Maßstäbe anzusetzen, wie sie für CE-markierte IVDs gefordert sind: Sie sollte – gemäß Anhang II der IVDR – in „klarer, organisierter, leicht durchsuchbarer und eindeutiger Form präsentiert“ werden.

Anforderungen, die Sie ab 26. Mai 2024 erfüllen müssen:

  • Einrichtung eines für die Herstellung und Verwendung geeignetes Qualitätsmanagement-Systems (QMS);
  • Konformität mit EN ISO 15189 oder gegebenenfalls nationalen Vorschriften einschließlich nationaler Akkreditierungsvorschriften
  • Auf Ersuchen der zuständigen Behörde Bereitstellung von Informationen über die Verwendung, inkl. Begründung für Herstellung, Änderung und Verwendung der In-house IVDs;
  • Verfassen einer öffentlich zugänglichen Erklärung zur Erfüllung des Anhang I;
  • Detaillierte Unterlagen zu Herstellung, Design und Leistungsdaten von Klasse D-Produkten, so dass die zuständige Behörde die Erfüllung des Anhang I nachvollziehen kann;
  • Sicherstellung, dass sämtliche Klasse D-Produkte im Einklang mit den oben genannten Unterlagen hergestellt werden;
  • Produktbeobachtung: Begutachtung der Erfahrungen aus der klinischen Verwendung der Produkte, und Ergreifen der erforderlichen Korrekturmaßnahmen.
Viele Labore arbeiten bereits nach EN ISO 15189, jedoch deckt diese nicht die Entwicklung und Herstellung von IVDs ab. Daher wird empfohlen, hierfür die entsprechenden Kapitel der ISO 13485 zu implementieren.

Die Forderung einer in Bezug auf Herstellung, Design und Leistung detaillierten Dokumentation für Klasse D-Produkte hebt das Niveau der Technischen Dokumentation für diese In-house IVDs noch weiter in Richtung CE-markierte IVDs an. Dadurch könnten diese nicht nur ähnlich, sondern auch genauso umfangreich wie die Technische Dokumentation für CE-markierte IVDs ausfallen.

Achtung! Behalten Sie die nationale Gesetzgebung im Auge:

Beachten Sie, dass die Mitgliedsstaaten über die nationale Gesetzgebung hinaus noch weitere Anforderungen stellen, und auch die Herstellung und die Verwendung bestimmter Arten solcher hausinternen Produkte einschränken können. Die einzelnen EU-Mitgliedsstaaten können bspw. die Anforderung zur detaillierten Dokumentation auch auf die Produktklassen A, B und C erweitern (siehe auch MPDG §88 (1) 10.). Bisher ist in Deutschland noch keine entsprechende Verordnung verabschiedet worden und diese Anforderung gilt bisher nur für Klasse D-Produkte.

Anforderungen, die Sie ab 26. Mai 2028 erfüllen müssen:

  • Begründung dafür, dass die spezifischen Erfordernisse der Patientenzielgruppe nicht bzw. nicht auf dem angezeigten Leistungsniveau durch ein gleichartiges auf dem Markt befindliches Produkt befriedigt werden können.
Die Erfüllung dieser Anforderung erfordert die Recherche der auf dem Markt befindlichen, gleichartigen CE-markierten Produkte. Diese Recherche wird erst durch die EUDAMED Datenbank ermöglicht. Da diese jedoch noch nicht voll funktionsfähig ist, können die Eigenhersteller die notwendige Analyse der gleichartigen CE-Produkte nicht durchführen.
Als Eigenhersteller bzw. als Labor sollten Sie die Zeit, bis die EUDAMED voll funktionsfähig ist, sinnvoll nutzen, um geeignete Strategien zu entwickeln: Denn diese Anforderung stellt eine echte Herausforderung für die Eigenhersteller dar. Sie wird voraussichtlich dazu führen, dass die Labore viele ihrer hausinternen Produkte ab Mai 2028 nicht mehr verwenden können.

Mögliche Szenarien:

  • Es existiert kein gleichwertiges CE-markiertes Produkt zu Ihrem In-house IVD
    => Sie dürfen Ihr In-house IVD weiter verwenden.
  • Es existiert ein gleichwertiges CE-markiertes Produkt:
    • Die Leistung Ihres In-house-Produkts ist besser
      => Sie dürfen es weiter verwenden.
    • Die Leistung Ihres In-house Produktes ist gleich/schlechter
      => Sie dürfen es nicht weiter verwenden,
      => bzw. Sie verbessern die Leistung Ihres In-house IVDs, dann dürfen Sie es weiter verwenden,
      => Sie werden zum Hersteller und machen aus Ihrem In-house IVD ein CE-IVD.

Fazit

Obwohl durch die Verordnung (EU) 2022/112 der Geltungsbeginn für einige Bedingungen für In-house IVDs verschoben wurde, sollten Sie als Eigenhersteller jetzt nicht die Hände in den Schoß legen. Werden Sie aktiv! Bereits jetzt benötigen Sie eine Technische Dokumentation zur Darlegung der Erfüllung des Anhang I. Weiterhin sollten Sie mit der Anpassung Ihres QMS beginnen und fehlende Prozesse implementieren. Entwickeln Sie passende Strategien für Mai 2028: Führen Sie schnellstmöglich Produktrecherchen durch und analysieren Sie Ihr In-house IVD-Portfolio, um bestmöglich vorbereitet zu sein.

Haben Sie schon eine Strategie für Ihre In-house IVDs, oder möchten Sie noch mehr zu dem Thema erfahren? Unser Team ist gerne für Sie da, um Sie bei Bedarf gezielt zu unterstützen. Sprechen Sie uns einfach an!

Herzliche Grüße
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Dr. Sandra Reuter
Dr. Sandra Reuter
IVD Expert
Regulatory Affairs & Technical Documentation
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